Viele Menschen wünschen sich ein eigenes Haus, weil es ihnen viel Freiheit bietet. Grundriss, Aussehen, Einrichtung und Gartengestaltung können nach eigenem Geschmack und Lebensstil bestimmt werden. Aber wie der Philosoph Immanuel Kant es schon im 18. Jahrhundert formulierte: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt”. Wer dies nicht berücksichtigt, riskiert, dass es zum Streit mit den Nachbarn kommt und die Lebensqualität im schönen Eigenheim empfindlich leidet.

Gemeinsam eine Lösung finden

Um das zu vermeiden, sollte ein gutes persönliches Verhältnis oder zumindest ein freundlicher Umgang mit den Nachbarn immer das Ziel sein, sobald man ein neues Haus bezieht. Wenn beide Seiten nicht in jedem Punkt auf ihrem Recht beharren, sondern frühzeitig das Gespräch suchen und sich abwechselnd auch mal entgegenkommen, lässt es sich am Ende immer am besten zusammenleben. Im Übrigen gilt in Niedersachsen: Klagen in Nach­barschaftsstreitigkeiten sind erst zulässig, nachdem versucht wurde, den Streit zwischen den Parteien vor einem Schiedsamt einvernehmlich beizulegen (obligatorische Streitschlichtung).

Was der Gesetzgeber sagt

Unabhängig davon haben die Erfahrungen mit Nachbarschaftsstreitigkeiten und das Bedürfnis nach staatlicher Regulierung dazu geführt, dass viele Belange, die das nachbarschaftliche Zusammenleben betreffen, mittlerweile vom Gesetzgeber geregelt wurden. Sich an diese zu halten, schafft Sicherheit und verringert das Konfliktpotenzial. Die folgenden Stichpunkte sind nur ein Auszug aus dem niedersächsischen Nachbarrecht. Ausführlichere Hinweise finden sich in der Broschüre „Tipps für Nachbarn. Was Sie vom Nachbarrecht in Niedersachsen wissen sollten“.

Was Sie vom Nachbarrecht in Niedersachsen wissen sollten

  • Bäumen und Sträucher pflanzen

Um Konflikte zu vermeiden, sollten Sie bereits beim Pflanzen von Bäumen deren endgültige Höhe berücksichtigen. Vor allem der Schattenwurf kann für Ihren Nachbarn sehr unangenehm werden. Das niedersächsische Nachbarrechtsgesetz schreibt deshalb vor, dass Gehölze abhängig vom Abstand zur Grenze eine bestimmte Höhe nicht überschreiten dürfen. So muss zum Beispiel der Stammmittelpunkt eines Baumes, der zwischen 5,1 Meter und 15 Meter hoch ist, 3 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt sein.

  • Wurzeln und Zweige halten sich nicht an Grundstücksgrenzen

Sie können von ihrem Nachbarn verlangen, dass er Zweige und Wurzeln entfernt, soweit sie auf Ihr Grundstück herüberragen. Wenn der Nachbar Ihren berechtigten Wünschen nicht nachkommt, können Sie die eingedrungenen Zweige und Wurzeln selbst abschneiden, nachdem Sie ihm zuvor eine angemessene Frist gesetzt haben.

Bei den hier und oben genannten Vorschriften ist aber dringend geraten, mit Fingerspitzengefühl vorzugehen, denn es würde eine Menge wertvolles Grün aus unseren Wohngebieten verschwinden, wenn jeder auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bestehen würde. Wer dennoch sein Recht einklagen möchte, ist an Fristen gebunden. Unabhängig davon können Gemeinden durch Baumschutzsatzungen und Bebauungspläne vorschreiben, dass manche Bäume, Sträucher und sonstige Bepflanzungen nicht beseitigt oder verändert werden dürfen.

  • Wem gehören die süßen Früchte?

Wenn ein Obstbaum auf dem Grundstück Ihres Nachbarn steht, gehören ihm auch alle Früchte, die sich daran befinden, unabhängig davon, ob sie über Ihrem Grund und Boden hängen. Ernten darf er sie allerdings nur von seinem Grundstück aus. Fallen die Früchte dagegen vom Baum auf Ihr Grundstück, dann sind sie zu Ihrem Eigentum geworden. Guten Appetit!

  • Zaun, Hecke und Co. an der Grundstücksgrenze

Insbesondere für Vorgärten regeln Bebauungspläne, ob und gegebenenfalls auch in welcher Form Sie ihr Grundstück einfrieden müssen. Dabei gilt immer: Zäune oder Hecken zur Straße hin dürfen die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigen.

Grenzen zwei Grundstücke aneinander, von denen jedes entweder bebaut ist oder gewerblich genutzt wird, kann auch ein Nachbar vom anderen verlangen, dass er eine Einfriedung an die Grundstücksgrenze setzt. Einigen sich beide darüber, dass dies nicht geschehen soll, müssen sie sich auch daran halten.

Das Aussehen von Einfriedungen bestimmen zum Teil die Gemeinden in Bebauungsplänen oder anderen Satzungen. In jedem Fall aber müssen Mauern oder Zäune nach der niedersächsischen Bauordnung standsicher sein und sie dürfen nicht gefährlich sein.

Gibt es keine Vorgaben, können Sie mit Ihrem Nachbarn vereinbaren, wie die Einfriedung aussehen soll. Einigen sie sich nicht, ist jede ortsübliche Einfriedung zulässig.

Bei der Höhe gilt: Haben Sie sich nicht mit Ihrem Nachbarn geeinigt und überwiegen in der Gegend keine niedrigeren Einfriedungen, kann der nicht einfriedungspflichtige Nachbar einen bis zu 1,20 Meter hohen Zaun verlangen. Im Rahmen der niedersächsischen Bauordnung kann derjenige, der die Einfriedung setzen muss, diese aber auch bis zu 2 Meter hoch bauen. Bei mehr als 2 Metern Höhe ist je nach Gemeinde eine Mitteilung oder eine Bau­genehmigung erforderlich.

Einfriedungen müssen auf das eigene Grundstück gesetzt werden – nicht auf die Grenzlinie und nicht auf das Grundstück des Nachbarn. Für Hecken gilt der gleiche Grenzabstand wie sonst bei Bäumen oder Sträuchern.

  • Wer muss die Einfriedung errichten und sie pflegen?

Bei der Einfriedung zwischen zwei Nachbargrundstücken gilt laut Gesetzgeber: Liegen zwei Grundstücke unmittel­bar nebeneinander an derselben Straße oder demselben Weg, so hat der Eigentümer des Grundstücks, das von der Straße gesehen links liegt, zum rechten Nachbargrundstück hin einzufrieden. Ob die Grund­stücke dieselbe Straßenbezeichnung tragen, ist unwichtig, entscheidend ist nur, ob zwei Grundstücke an einer Straße eine gemeinsame Grenze haben.

  • Was passiert mit einvernehmlichen Absprachen, wenn der Eigentümer des Nachbargrundstücks wechselt?

Im Nachbarrecht gilt der Grundsatz, dass Abreden nur gegenüber demjenigen wirksam sind, mit dem sie getroffen wurden. Es sei denn, sie sind durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch festgehalten oder sie unterliegen dem Bestandsschutz. Dieser gilt oftmals bei Pflanzen. Werden Pflanzabstände aber nicht eingehalten, können in der Regel Ansprüche auf Rückschnitt oder gar Entfernung geltend gemacht werden.

Fazit

Der Gesetzgeber versucht, viele Eventualfälle im Zusammenleben von Nachbarn zu regeln. Sich an diese zu halten, verhindert unnötige Konflikte. Wirklich lebenswert wird es aber dann, wenn Entscheidungen pragmatisch und im Gespräch mit Ihren Nachbarn getroffen werden.

Konflikte mit Ihren Nachbarn sind vermeidbar.

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